Bildungsurlaub in Krakau mit Forum Unna

Bildungsurlaub machen meine Frau und ich nun schon seit ein paar Jahren, aber bisher nur in Deutschland. Jetzt, in der ersten Oktoberwoche, sind wir das erste Mal in Krakau in Polen. Anbieter ist Forum Unna.  Den Anbieter findet man aber auch über bildungsurlaub.de. Wir entschieden uns für das Seminar „Polnische Geschichte und deutsche Vergangenheit“. Geleitet wird es von Frau Julita Rarek.

Reist man mit dem PKW an und möchte man wegen der Parkraumbewirtschaftung die mindestens 15 EUR täglich nicht zahlen, muss man ca. 3 km vom Hotel abgesetzt parken. Das ist aber unproblematisch. Die meisten Teilnehmer reisten öffentlich an. Wir sind schon immer individuell unterwegs. Wenn das mit dem Fahrrad zu weit wird nehmen wir das Auto.  Fahrräder haben wir keine dabei, dazu wäre auch diese Woche keine Zeit, dazu gleich mehr.

Die Anreise erfolgte am Sonntag. Um 18 Uhr trifft man sich das erste Mal im Konferenzraum der Unterkunft. Dazu hat der Veranstalter das Hotel Eden ausgesucht. Nach einer kurzen Begrüßungs- und Vorstellungsrunde geht es gleich zur kolacja (Abendessen) ins Klezmer Hois, direkt in der Szeroka-Straße, keine zweihundert Meter zu Fuß. Das Abendessen war schon im Teilnahmepreis enthalten, der Veranstalter spendiert zum Abschluss noch eine Runde Wodka. Lekker.

Am nächsten Tag beginnen wir mit dem Frühstück im Hotel. Es lässt keine Wünsche offen. Traditionell verzehren Polen morgens schon Würstchen und Schinken, aber auch für Vegetarier und Veganer gibt es was zu essen. So gestärkt beginnt das Programm mit einem kurzen aber einprägsamen Abriss zur polnischen Geschichte. Es wird klar, warum das Land Jahrhunderte als Spielball diente und fast zweihundert Jahre gar nicht als eigenes Land auf der Karte existierte. Der Vortrag endet mit der wypierdalac-Bewegung (auf deutsch heißt das soviel wie haut ab!, stark verniedlicht formuliert) der Frauen zum Thema Abtreibung. Meine vorletzte Polnisch-Lehrerin Krystyna hätte ihre Freude daran gehabt. Gegen Mittag brechen wir dann zur Wawel-Burg auf. Die Burg ist traditionell Krönungs- und Grabstätte der polnischen Könige und Helden. Wir gehen durch die Kathedrale mit ihren Reliquien, besichtigen die Krypta, verstehen aber nicht ganz, zu welcher der vorgenannten Kategorien der verstorbene ehemalige Präsident Lech Kaczy?ski gehört. König war er ja nicht.
Danach gehen wir Richtung Marktplatz und kehren danach im pod aniolami ein.

Am Nachmittag besuchen wir noch das Dominikanerkloster in der Innenstadt, die Marienkirche mit dem Altar des Nürnberger Künstlers Veit Stoss. Der offizielle Teil war dann beendet, wir sind dann mit einer kleineren Gruppe noch zum camelot in der Tomasza gegangen und haben dort den Tag ausklingen lassen.

Am Dienstag waren wir fast den ganzen Tag in Nowa Huta, einer ab den 50er Jahren erbauten neuen Stadt, die einerseits eine Stahlhütte für den zunehmenden Hunger des Landes nach Eisen und Stahl bekam und damit Arbeitsplätze bot, andererseits auch Wohnraum für 100.000 Menschen zur Verfügung stellte, die im Stahlwerk arbeiteten und die ganze Infrastruktur drumherum abbildeten. Wir besichtigten eine Kunstgalerie in der Werke aus der Zeit nach der Entstehung der Stadt ausgestellt waren. Wir liefen über einen Wochenmarkt und besichtigten natürlich auch eine katholische Kirche, die den Stadtplanern abgetrotzt worden war. Die wollten ursprünglich keine bauen, hatten die Rechnung aber nicht mit den katholischen Polen gemacht, die 1977 einen jungen Kardinal zum Konklave nach Rom geschickt hatten und der als Papst Polen bei der Reform des Landes unterstützt hatte. Man kann seine Meinung zur katholischen Kirche haben, für mich ist die Rolle des Papstes in den Jahren 1980-1990 nicht wegzudenken. Ohne JPII wäre diese Wandlung so nicht eingetreten. Als Stadtführer durch Nowa Huta hat Julita einen fließend deutsch sprechenden Eingeborenen gewinnen können, bei ihm blieb keine Frage offen. Mittagessen gab es im skarbnicasmaku.

Nach dem Mittagessen fuhren wir mit der tramwaj zurück und gingen noch über einen Lebensmittelmarkt am nördlichen Ende des Rynek. Dort probierten wir Espresso-Tonic. Ich bin skeptisch, ob sich das durchsetzen wird.

Am Abend hat Julita für uns Live-Musik im Klezmer-Hois gebucht, das war richtig klasse. Es spielt die Band Sholem.

Wettermässig hätte es so weitergehenn können, leider kam es anders. Der Himmel weinte, das passte ein wenig zum Thema Auschwitz. Ich verweise an dieser Stelle auf unseren ersten Besuch im Muzeum. Koronabedingt ist jetzt einiges anders, der Keller von Block 11 war geschlossen, meiner Meinung nach ist das der schlimmste Teil des gesamten Rundgangs. Es gab auch einen neuen Teil mit Bildern der vernichteten Juden aus ganz Europa, die einem vor Augen führten, dass die Zeit der 30er Jahre auch schon bewegt und farbig war. Warum glaubt man das eigentlich nicht? Nach einer kurzen Pause im Bus fuhren wir dann noch nach Birkenau und liefen im strömenden Regen über das Gelände. Am Tag zuvor hat ein noch unbekannter Mensch ein antisemitisches Graffiti an eine Baracke gesprüht, da wurden gerade die Spuren beseitigt bzw. die gestrigen Besucher aufgefordert, Hinweise zu geben. Mehr Sachverhalt ist nicht bekannt. Die Führerin Alicja kannte die ganzen Zahlen über die Leistung der einzelnen Abschnitte auswendig. Aber die sind mir ja bekannt. Die Ermordung von 1,5 Millionen Menschen in Auschwitz bzw. 6 Millionen im Zeitraum bis Frühjahr 1945 insgesamt ist schlimm und diesem Gedenken stellen wir uns. Im Gedenken sind aber alle Opfer, auch die polnischen Widerstandskämpfer. Als Beispiel sei nur Wiktor Tolkin genannt, der Freund meines Schwiegervaters.  Wiktor hat in Danzig gewohnt und nach dem Krieg riesige Denkmäler in Stutthof, Majdanek und Kolberg errichtet hat. Die SS tätowierten ihm die 75886 in den Arm, aber er hat die schlimme Zeit überlebt. Wir haben ihn an Ostern 2013, kurz vor seinem Tod, noch einmal besucht.

Am Donnerstag liefen wir nach einer kurzen Einführung im Seminarraum und einer Besichtigung der Mykvah unseres Hotels,  zu Fuß zur ehemalien Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler. In den Gebäuden, die in Teilen auch als Kulisse für den Hollywoodstreifen „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg diente, befindet sich heute ein Museum der Stadt Krakau über die Zeit von 1935 bis 1946. Die Führung nahm dieses Mal Julita selbst vor, mit ihrem Radio versorgte sie uns unentwegt mit Information über die Ausstellung. Ein kleines Zettelchen mit einer Notiz von Roman Polanski, dem heutigen Regisseur, will ich Euch nicht vorenthalten:

Polanski hat als achtjähriger im Ghetto in Krakau geschrieben:

„Plötzlich  habe ich verstanden, wir sollten zugemauert werden. Es ist mir so Angst geworden, dass ich in Tränen ausbrach.“

Julita wies uns noch auf den Film Hometown hin, in welchem sich Polanski und Ryszard Horowitz, der jüngste Schindlerjude, treffen und reflektieren. Eine Vorschau zu youtube ist verlinkt. Der Film läuft gerade in Kinos in Krakau, könnte morgen noch klappen. Allerdings brauche ich einen mit Untertiteln. Die Mauer, an der sie in der Vorschau entlanggehen, ist die des Friedhofes, sie verläuft direkt unter unserem Fenster.

Nach dem Museum waren wir in Kazimierz im Lokal „Gellerübe mit Erbsen“, polnisch „marchewka z groszkiem“ zum Mittagessen. Das war jetzt wirklich der Spitzenreiter für die Woche. Sehr zu empfehlen. So gut, dass wir morgen gleich noch einmal hingehen. Nach dem obiad setzten wir den Rundgang fort und gelangten wieder auf die Szeroka, wo wir eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof besichtigten. Der Friedhof sah anders aus, als die mir bekannten. Das erklärte Julita damit, dass von den deutschen Besatzern nicht nur Synagogen zerstört, sondern auch Friedhöfe geschändet wurden. Die Grabsteine fand man nach dem Krieg in großen Mengen liegend wieder und richtete einige von ihnen auf, ohne dass man genau wusste, wohin sie gehörten. Mit den übrigen Steinen wurde die Friedhofsmauer innen befestigt. Die Gräber selbst darf man nach der Gesetzen nicht mehr antasten. So erklärt sich die Regelmäßigkeit der Anordnung. Schaut man sich den Friedhof in Worms an, sieht man eine ganz andere, fast zufällige Anordnung der Gräber und Steine. In der Synagoge waren wir auch, gleichzeitig mit einer riesigen Schulklasse, ich habe leider nichts mitbekommen.

Wieder draußen wies uns Julita noch auf die mehrere Jahrzehnte vergessene, gegen Kriegsende von den Nazis ermordete polnisch-ukrainische Lyrikern Zuzanna Ginczanka hin, von der sie ein Bild bei sich trug. Sie wurde vor ein paar Jahren wiederentdeckt und unter der Domain Ginczanka.de kann man ein paar ihrer Gedichte lesen, auf deutsch und auf polnisch.

Den Abschluß am Donnerstag machen wir in diversen Lokalen und Höfen, die als Kulissen im o.g. Film Verwendung fanden, auf die wir aber nie gekommen wären, selbst wenn wir den Film unmittelbar vorher noch einmal angesehen hätten. Die Dreharbeiten sind allerdings 30 Jahre her, da hat sich dann doch einiges verändert.

An dieser Stelle möchte ich noch ein paar Worte über die orthodoxen Juden verlieren, die ebenfalls im Hotel bei uns untergebracht sind. Ein komisches Volk. Sie erwidern keinen Gruß, ignorieren einem völlig. Erklärt hat uns das Julita damit, dass Frauen in deren Welt, stark vereinfacht, nur der Fortpflanzung dienen und ansonsten  keine Rechte haben. Geld für die Familie verdienen eventuell noch, da sie selbst die Tora studieren müssen. Mehr als ein Kopfschütteln können sie dafür allerdings von mir auch nicht erwarten. OK, eine Teilnehmerin meinte, die katholische Kirche sei ja auch nicht viel besser, da würde Frauen ja auch der Zugang zum Priesteramt verwehrt. Das stimmt zwar, hält aber meiner Meinung nach den Vergleich mit den Chassiden nicht stand.

Freitag, letzter Tag der Veranstaltung. Zu Besuch ist eine junge Frau aus Polen, Marta, 30 Jahre alt. Sie diskutiert mit uns über alle Themen, die gerade auftauchen und uns bekannt sind.

Migration: Polen nimmt keine syrischen oder aus anderen Gebieten kommenden Flüchtlinge auf, obwohl sie das sollten.

Verfassungsgerichtsentscheidung: polnische Gesetze stehen über den europäischen. In Deutschland und allen anderen Ländern Europas ist es umgekehrt.

Umweltpolitik: In Polen gibt es keine Kernkraftwerke, aber auch kaum Windkraft. Die meiste Energie kommt aus Steinkohle. Das Thema Pfandsystem hätte man noch ansprechen können, kamen wir aber nicht drauf.

Regierung: Mit Geschenken an die Bevölkerung hat die PiS die Wahlen gewonnen.  Rentenalter heruntergesetzt, Kindergeld eingeführt.

Nach der Diskussion schauen wir einen Film über das Leben der Tochter von Amon Göth an. Sie trifft in diesem Film ein der beiden im Haus von Göth tätigen jüdischen Mädchen, Helen Rosenzweig (+2018). Der Film wurde im BR ausgestrahlt. Mal schauen, ob er noch zu bekommen ist.

Bücher:

Stella Müller Madej: Das Mädchen von der Schindler-Liste

Matthias Kessler: Ich muss doch meinen Vater lieben

Jennifer Teege: Amon, mein Großvater hätte mich erschossen

Wer noch einen Buchtipp hat, kann ihn mir schicken, den würde ich ergänzen.

Es folgte noch die Feedbackrunde und Teilnehmerbögen, dann machen sich die ersten schon langsam auf dem Heimweg.

Fazit

In Krakau habe ich eine der interessantesten Wochen überhaupt erlebt. An vielen der besuchten Orten war ich bereits früher einmal, aber die nochmal zu sehen, mit Radio Julita, das war wirklich außerordentlich interessant. Julitka, wir kommen wieder! Liebe Seminarteilnehmer, ich spreche auch im Namen meiner Frau, es war uns eine große Freude die Woche mit Euch zu verbringen.

update:

Gaby S., meine Klassenkameradin aus den ersten VHS-Polnisch-Kursen teilte mir heute mit, dass sie schon zweimal mit Forum Unna unterwegs war und zwar in Danzig und in Krakau. Reiseleitung war jedes Mal — Julita. Die Welt ist ein Dorf

 

 

 

 

 

 

Rennsteig und Eisenach im Herbst 2020

Als der Termin für die Beisetzung meiner Tante auf Anfang Oktober gelegt wurde, überlegten wir, wie wir das am besten mit dem genau in dieser Zeit eingereichten Urlaub verbinden könnten. Wir entschieden uns dafür, in der Nähe des Friedhofes eine Unterkunft zu suchen und die Zeit davor und danach für Ausflüge im Thüringer Wald zu verwenden, so wie ich das bereits in den 80er Jahren gemacht hatte. Zu dieser Zeit lebte Hulda noch in Eisenach und ich war dort regelmäßig zu Besuch, damals noch unter anderen Umständen. Wir erinnern uns…

Nachdem keine Ferienwohnungen in Bad Liebenstein mehr zu bekommen waren, buchten wir das 5 Tage-Paket im Waldhotel Rennsteighof. Es liegt nur wenige hundert Meter vom Rennsteig entfernt. Hat man ihn erreicht, ist man nach 7km auf dem Inselsberg und nach ca. 20km in die andere Richtung auf der Hohen Sonne. Apropos Sonne, die war für diese 5 Tage nicht vorhergesagt, das wussten wir aber schon vor der Abfahrt und hatten entsprechend warme und regendichte Sachen eingepackt.

So konnten wir am Dienstag die Tante in Eisenach beerdigen, waren danach noch mit der Familie essen. Und an den Tagen davor und danach haben wir die Erinnerung wachgehalten und waren auf dem Rennsteig und in der Nähe mit den Rädern und den Schuhen unterwegs. Letztendlich war das das beste, was wir tun konnten. Die zurückgelegten Touren im Wald waren toll, Erinnerungen lebten auf. Die Entfernung nach Eisenach am Dienstag war nicht zu groß und die Unterkunft im Hotel super. Lecker Frühstück und Abendessen und sehr nette zuvorkommende Menschen haben den Aufenthalt zur bleibenden Erinnerung gemacht. Hier kommen wir bestimmt nochmal hin, vielleicht zu einer anderen Jahreszeit. Und der Thüringer Wald ist sowieso sehr zu empfehlen.

Polen im Sommer 2020, Warschau und Leba

So viele Besonderheiten gab es noch nie zu beachten. Wir fahren mit einem krachneuen Auto nach Polen, dort herrscht Korona, gleich am ersten Sonntag gehts zur Präsidentenwahl und wir haben dieses Mal nicht unsere Standardunterkunft in Reduta sondern eine andere Bude gebucht, dazu gleich mehr.

Der neue Wagen läuft wirklich super. Ja, auch wenn ich mich nicht so wirklich für Autos begeistern kann und auch noch ein Stück weit an meinem alten Peugeot Partner hänge, der immerhin fast 19 Jahre zuverlässig gearbeitet hat, so muss man doch eingestehen, dass die Entwicklung weiterging und es mittlerweile 6-Gang-Getriebe, Tempomat und Klimaanlage gibt. Letzteres war noch nicht in Betrieb, das soll aber noch kommen, sagt die Wettervorhersage. Tempomat ist toll, das entlastet das rechte Bein schon merklich. Und die 130 Pferde ziehen auch besser als die 90 vorher. Für ein neues Auto müssen fünf Sätze reichen, ist ja schliesslich kein Fahrrad.

Also dann das Hotel. Wir entschieden uns nach Aktenlage für eines mit Namen West-Hotel. Können wir nicht ernsthaft weiterempfehlen, es sei denn, ihr bringt Euch Feudel, Staubsauger und abwechslungsreiches Frühstück mit. Der Ascher vor der Haustür macht jedes raus-und reingehen zum Genuss, da die Montagearbeiter dort die Fluppen nur reinschubsen, aber nicht ausdrücken. Lecker. Mehr brauchts wohl nicht zum wegklicken.

Gleich am ersten Tag hatte meine Schwiegermutter Geburtstag, allerdings kamen Korona- und vermutlich auch PIS-bedingt nicht so viele Besucher, so dass wir im ganzen zu viert waren, beim Mittagessen im Restaurant. Egal, es war nicht weniger herzlich und sie hat sich über die Gesellschaft und die Geschenke gefreut.

Warschau hat mir jetzt gar nicht so schlecht gefallen, allerdings fallen wegen der Seuche alle Merkwürdigkeiten (meine Lieblingsübersetzung eines Flyers  zu den dortigen atrakcje aus Kudowa Zdroj) aus, Fontaenen freitags und Chopin-Konzerte Sonntag um 12 und 16 Uhr. Die Gastronomie funktioniert aber schon wieder so dass wir doch jeden Tag woanders ausgehen konnten.
Zu empfehlen sind hier das Folk Gospoda in der Grzybowa und das „U Lotnikow“ in der Krasinskiego 56 in welchem die Freundin meiner Schwiegermutter als Köchin arbeitet.

Im ÖPNV soll man eine Munaske tragen, das ist aber nicht durchgängig der Fall. In Geschäften wird es weitgehend eingehalten, je kleiner desto besser. Es gibt nirgends Sanktionen. Es gibt aber auch keine Zahlen, und noch weniger Tests. Alles läuft so gefühlt nach §3 des Kölschen Grundgesetzes „et hätt noch immer jot jejange.“

Bei der Präsidentenwahl am Sonntag war dann allerdings Munaske Pflicht, ich habe meine beiden Wählerinnen zum Wahllokal begleitet, bin aber draussen geblieben und habe auf den Hund aufgepasst. Die Urnen sind aus Plexiglas, so dass man auf Wahlzetteln, die sich nach dem Einwerfen entfalten, auch erkennen kann, was angekreuzt wurde. Ob das in Deutschland auch ginge, weiß ich nicht, ich glaube eher nein.

Also bei der ersten Wahl hat die PiS gewonnen, am Sonntag nach unserer Heimfahrt kommt die Stichwahl, da wird meine Frau wohl nicht mit abstimmen, da sie weder in WAW noch in Köln ist. Schwierig, dabei ist jede Stimme wichtig.

Jetzt sind wir in Leba, (stellt Euch das L mit einem diagonalen Strich vor, das gibt mein Zeichensatz leider nicht her) ausgesprochen Weba. Hier haben wir eine Apartment angemietet, das ist super, wir sind viel draussen und ab morgen soll dann auch das Wetter besser werden und wir können an den Strand. Heute machten wir bereits eine Wanderung im Schilf, siehe unten

Die Verpflegung ist super, die erste Bank ist bereits aufgrund des hohen Gewichtes unter mir zusammengebrochen:

mit dem Fatbike am Strand. Ginge hier auch mit schmaler 2“ Bereifung. Der Sand in Leba ist sehr fein und am Wasser stark verdichtet. Wir hatten Westwind, da kann man es richtig krachen lassen. Für das Bild bin ich mal kurz gegen den Wind gefahren, in Richtung der untergehenden Sonne. Gemacht hat das Bild meine Anna. Danke! Also, nicht dass jemand meint, wir kommunizieren nur per Netz, ich hab es ihr auch gesagt.2

Militär-Orchester Wettbewerb

Ebenfalls an diesem Wochenende fand in Swieradów ein Wettbewerb polnischer Militärkapellen, bzw. -Orchester statt. Zufällig hörten wir Musik aus der Wandelhalle des Kurhauses und schauten uns die restliche Probe und das Programm an. Um 19 Uhr ging es los, das Orchester aus Rzeszów (gesprochen Scheschuf) spielte. Als erste Stücke wurden der NATO-Marsch und Valerie von Amy Winehouse dargeboten. Dann folgten, ebenfalls mit Gesang, zwei Stücke aus Bond Filmen, Skyfall und Goldfinger. Ich hatte aber in den Proben zwei Stücke gehört, die wollte ich nochmal hören, die waren so sensationell gespielt: Take the A Train von Duke Ellington und The Chicken von Jaco Pastorius. Den Namen des zweiten Stückes erfuhr ich erst wieder abends. Ich hatte das Stück schon mehrfach gehört, kam aber nicht auf den Titel.

Abends dann der Auftritt der Band, alle in Uniform. Bandleader eine Frau, Agata Cwiklak (Auf das C muss ein Strich) die einzige Frau in Polen beim Militär, die eine Band leitet. Also es sollte mich nicht wundern, wenn die den Wettbewerb nicht gewonnen hätte. Beim Auftritt wurden mindestens ein Dutzend Telefone hochgehalten, da müsste doch wenigstens einer dabei sein, der die Titel zu YT hochlädt. Ich werde berichten, wenn ich was finde. Und meinen Bandleader Fritz werde ich mal fragen, ob er nicht The Chicken für uns arrangieren könnte. Er hat ja Zeit tagsüber…

Noten vom Stück, also für Sax, hab ich.

Pastorius ist ja bereits 1987 verschieden, spielte als E-Bassist in einer Band mit, „Wheater Report“. Von der Band stammt das Instrumentalstück „Birdland“, welches wir auch einmal im Repertoire hatten. Kein echtes Swing-Stück, aber hören kann man es schon ab und an mal.

Bad Flinsberg im Juni

Die vergangene Woche verbrachten wir zum ersten Mal in Bad Flinsberg (poln: Swieradów Zdrój). Das ist ein Kurort in Niederschlesien, also Polen. Liegt ca. 60km hinter Görlitz und grenzt im Wald an Tschechien. Wir hatten Superwetter erwischt und konnten so, wie wir es mögen, abwechselnd einen Tag wandern und den nächsten radfahren. Die Stadt ist sehr überschaubar, 4k Einwohner, viele ältere deutsche und internationale Kurgäste.  Es gibt eine große Anzahl von Restaurants und Cafes, das Essen war die ganze Zeit super. Über die Flowtrails habe ich unten bereits was geschrieben. Unterkünfte gibt es auch in allen Kategorien, wir hatten dieses Mal eine Pension, poln. Pensjonat ausgewählt, dort sollte es ursprünglich auch Mittag/Abendessen geben, das machen die Wirtsleute aber erst in der Hauptsaison. Aber Frühstück gab es reichlich, polnisch halt, sehr wurst- und käselastig. Der Kaffee war nicht so mein Geschmack, das habe ich dann halt in den Cafes nachgeholt. Das Mimoza kann ich ansonsten empfehlen, liegt sehr zentral und von weitem sichtbar neben der größten Blutbuche, die ich je gesehen habe, Stammdurchmesser ca. 1,30. Überhaupt sind die alten Bäume das Kapital der Stadt. Der Kurpark ist traumhaft. Dort darf man aber erst rein, wenn man seine 50km Rad gefahren oder 20km gewandert ist. Urlaub hier in der Gegend und überhaupt in Polen jederzeit gerne wieder.

Achterbahn im Wald

Downhill, also hoch mit dem Lift und dann runterrasen, war mir immer schon suspekt. Das finde ich beim Skilaufen schon schei%%e, aber dort betrifft es mich nicht, denn skilaufen kann ich nicht. Beim radfahren gibts diesen Trend jetzt auch, aber auch das lehne ich ab, es sei denn, man hat die Chance, vorher mit eigener Kraft hochzufahren. So etwas dazwischen gibts hier, das  heißt in Polen Singletrack. Und bevor man sich ein Urteil erlaubt sollte man das ausprobieren. Heute waren wir zum ersten Mal im Leben auf so einem Singletrack, in Deutschland nennt man sie Flowtrails.

Gemeint sind einspurige Einbahnstraßen im Wald, von Menschen angelegt und gepflegt.  Bäche und Morast werden mit hölzernen Brücken überwunden, die Strecken haben nicht mehr als 5 Prozent Gefälle. Meist handelt es sich um Rundkurse, was bedeutet, dass man zwischendurch auch immer wieder klettern muss, um zum Ausgangspunkt zu kommen. Heute wurden die Strecken sogar gemäht. Mein Kollege Thomas K., der selbst mit seinem Verein solche Strecken baut, sagte zu mir einst auf die Frage, was mich auf so einer Strecke erwartet: „Stell dir vor, du fährst Achterbahn, aber mit dem Fahrrad im Wald.“ Genauso ist es auch.

In dieser Gegend gibts noch viel mehr Strecken, den gesamten Überblick bekommt man hier auf der Seite: http://singletrack.pl/ . Alle diese Strecken sind miteinander verbunden:

Diese beiden sind wir heute gefahren.

Nachteil an solchen Rundkursen ist evtl, dass man nirgends „hin“ kommt. Die Strecke verläuft die ganze Zeit im Wald, das Ziel ist das fahren und nicht ein bestimmter Wegpunkt, den man sich auf der Karte ausgesucht hat. Allerdings ist der Spaß am MTB-Fahren garantiert, den hat ja nicht jeder beim stumpfen bergaufklettern. Training muss halt auch manchmal sein, und der Mensch lebt von dieser Abwechslung.

Und zum Schluss fällt mir ein, dass der Sportverein in Wiesbaden (gravitypilots) höllisch Stress bekam, bei der Einrichtung der Downhillstrecke für Biker unterhalb des Schläferskopfes. Vielleicht war der Name falsch gewählt, gegen einen Flowtrail kann man eigentlich nichts haben. Bis auf den Freischneider wird dort kein Benzin verbrannt.

 

 

 

 

highway to

Ich bin nicht sicher, ob ich der erste bin, der diesen Witz bringt, aber es ist mir egal. Mir gefällt er. Und ruckzuck ist das fehlende L ergänzt. Hel, die Halbinsel in der polnischen Wojewodschaft Pommern (pomerskie) ist eine Reise wert. Die letzten beiden Wochen im März sind ziemlich gut für einen Urlaub in dieser Gegend geeignet. Es ist schon relativ lange hell und es gibt sonnige Mittage. Die sind allerdings noch nicht warm, einigermaßen dicke und vor allem winddichte Sachen braucht man schon. Dann gehts auch mit dem Fatbike am Strand. Endlich konnte ich das mal ausprobieren. Also, es ist ähnlich wie im Schnee, Fahren klappt, aber es ist mühsam. Am Strand kommt dann entweder Gegen- oder wenns besser läuft, Rückenwind dazu. Direkt am Wasser machts dann schon Laune. Dann hat aber jeder Ort seinen Kanal, der direkt über den Strand ins Wasser geht, den kann man nicht überqueren, der hat regelmäßig keine Brücke. Dann muss man halt bis zur ersten Straße vom Strand weg. Einige Strandabschnitte sind auch sehr schmal und vom Meer schon weggeknabbert worden. Hier hat man dann Gabionen gestellt, die halten aber auch nicht lange und vor allem kommt man nicht mehr vorbei. Die Natur hat irre Kräfte.

kiten geht natürlich auch bei dem Wind. Auf dem Wasser wärs allerdings jetzt noch zu kalt. Das müsste ich auch erst noch lernen.

Unser Hotel ist in Jastrzebia Gora, 10km westlich von Hel, an einem 33m hohen Kliff gelegen. Die Zimmer sind gut, haben leider etwas zu dünne Wände, man hört den Nachbarn, wenn er schnarcht.

Das Essen ist ausgezeichnet, es gibt ein Gym, silownia (das l hat ein Schrägstrich wie ein kyrillisches Kreuz, mein Zeichensatz kann das aber nicht darfstellen) genannt, und ein nagelneues Schwimmbad mit Salzwasser sowie eine Trocken-und eine Dampfsauna. Besonders hervorzuheben sind die extrem freundlichen Kräfte des Hauses, von den Mädchen an der Rezeption über die Köche und Kellnerinnen sowie auch die Physios. Zum Strand sind es keine 200m, einmal das Kliff runter und schon ist man am Wasser.

Blick vom 33m hohen Kliff
blauer Himmel, windstill
Mole von Sopot
wie stark der Wind blies kann man hier nicht erkennen.
Die Kameraoptik ist nicht defekt, das Haus sieht tatsächlich so aus.

Fazit: Die polnische Ostseeküste ist auch im März sehr zu empfehlen. Warme und vor allem winddichte Kleidung und evtl. ein paar polnische Sprachkenntnisse sind mitzubringen. Viel Spaß! Achso ja, alle Bilder hat meine Frau Anna gemacht, die Rechte liegen also bei ihr. Wer die Bilder verwenden will, muss vorher fragen.